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LANDKREIS OSNABRÜCK INFORMIERT Gymnasiasten der Region für Berufsausbildung begeistern. Generationen-Werkstatt in Oesede als Paradebeispiel

Osnabrück. Ein Praktikum in der zehnten Klasse sei für die Berufsorientierung zu spät. „Dann sind alle Messen gesungen“, sagte Michael Heister vom Bundesinstitut für Berufsbildung bei einer Infoveranstaltung zur Berufsorientierung an Gymnasien im Osnabrücker Kreishaus.

Über Berufsorientierung an Gymnasien sprachen (von links) Landrat Michael Lübbersmann, Michael Heister vom Bundesinstitut für Berufsbildung, Initiator der Generationenwerkstatt Johannes Rahe und der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Sven Ruschhaupt. Foto: Thomas Osterfeld

Um Berufsorientierung an Gymnasien ging es bei einer Informationsveranstaltung im Kreishaus, zu der Ursachenstiftung, Handwerkskammer und der Landkreis eingeladen hatten. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie Gymnasiasten für eine Berufsausbildung begeistert werden können. In seinem einführenden Vortrag machte Michael Heister vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) deutlich, dass er vom Zukunftstag nicht viel hält. Ein Tag, an dem die Kinder und Jugendlichen in Betriebe gehen, gebe ihnen nicht genug Einblick. Hilfreicher seien längerfristige Projekte wie die Generationenwerkstatt , sagte Heister. Ruheständler zeigen dabei Schülern in kleinen Gruppen die Arbeit im Betrieb und stellen gemeinsam ein Werkstück her. Der Initiator und Teilnehmer des generationenübergreifenden Projekts waren bei der Veranstaltung ebenfalls vertreten und berichteten von ihren Erfahrungen.
„Hochkarätiges Projekt“
Die Generationenwerkstatt sei ein hochkarätiges Projekt, das zugleich viel Arbeit außerhalb des Unterrichts erfordere, erklärte der stellvertretende Schulleiter des Gymnasiums Oesede Thomas Rohm. Es sei keine Universallösung, sondern ein Modul in der Berufsorientierung. Gegen den „Megatrend“ Studium anzugehen, sei schwierig, sagte der Schulleiter. Er bemängelte in diesem Zusammenhang auch, dass es keinen verpflichtenden Werkunterricht mehr gebe und einige Talente so nicht gefördert werden. Ein 14-tägiges Betriebspraktikum sei allerdings schon lange Teil des Lehrplans. Die Rückkehr zu G9, dem Abitur nach 13 Schuljahren, werde zur Entschleunigung im Schulalltag führen und mehr Gelegenheit zu Berufsorientierung geben, hofft Rohm.
Zahl der Abiturienten in Berufsausbildung steigt
Mehr Berufsorientierung sei angesichts der steigenden Zahl der Gymnasiasten und der vielfältigen Wege in den Beruf dringend notwendig, sagte Landrat Michael Lübbersmann. Auch aus Sicht der Betriebe sei dies erforderlich. „30 Prozent der Betriebe bundesweit können Ausbildungsplätze nicht besetzen. Dabei ist der zuverlässigere und schnellere oft der berufliche Weg“, sagte Lübbersmann. Die Zahl der Abiturienten, die eine Berufsausbildung abschließen sei gestiegen, ergänzte der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Sven Ruschhaupt. Während es 2010 noch 2,3 Prozent gewesen seien, habe der Anteil 2015 bereits bei 11 Prozent gelegen. „Doch damit können wir noch nicht zufrieden sein, wir brauchen mindestens 20 Prozent“, forderte Ruschhaupt. Er beklagte die ungleiche Finanzierung im Bildungssystem. Die Investitionen für Studenten seien deutlich höher.
Berufsorientierung in der 8. Klasse
Michael Heister vom BBIB geht davon aus, dass künftig weit mehr als 20 Prozent der Abiturienten eine berufliche Ausbildung anstreben könnten: „Wenn Bachelorstudenten nicht mehr verdienen als Meister, könnte der Anteil bald auf 30 Prozent steigen“, sagte Heister, „dieser Quantensprung ist Aufgabe der Kultusministerien.“ Ansetzen müsse die Berufsorientierung dabei schon in der 8. Klasse, erklärte er. Als wichtigste Kriterien nannte Heister einen Lernortwechsel, das Herstellen eines Werkstücks, individuelle Rückmeldung und eine Verzahnung von Schule und Ausbildungssystem.

Ein Artikel der NOZ Osnabrück von Johanna Lügermann        21.09.2016

BERUFSORIENTIERUNG AN GYMNASIEN Generationen-Werkstatt in Oesede als Paradebeispiel
Osnabrück.
Um neue Wege in der Berufsorientierung von Gymnasiasten ging es in einer Informationsveranstaltung von Landkreis und Handwerkskammer im Kreishaus. Landrat Michael Lübbersmann begrüßte Vertreter von Gymnasien und Betrieben und hob in seiner Begrüßung hervor, dass sie sich seit geraumer Zeit verschiedenen Maßnahmen der beruflichen Orientierung „weit geöffnet“ hätten.
Generationen-Werkstatt
Ein weiteres „Sprungbrett“ in die Berufswelt könne die Generationen-Werkstatt sein. Die könne in jedem teilnehmenden Betrieb eingerichtet werden, erläuterte Johannes Rahe, Vorstandsvorsitzende der Osnabrücker Ursachenstiftung, die das Projekt Generationen-Werkstatt seit drei Jahren betreibt. Unter der Anleitung von „Unruheständlern“ und Aktiven erstellen interessierte Schüler dabei über einen längeren Zeitraum ein „greifbares Ergebnis“, erhalten so Einblick in ein Berufsfeld und entdecken bestenfalls ihre Talente. Wertschätzung jugendlicher Begeisterung und erfahrenen Könnens, Nachwuchsförderung und Imagepflege kämen dabei in einer Win-Win-Situation für alle Beteiligten zusammen, erklärte Rahe. Genau diese Kriterien – Lernortwechsel, Herstellung eines Produkts und Rückmeldung über die Stärken des Schülers – bezeichnete Professor Michael Heister vom Bonner Bundesinstitut für Berufsbildung in seinem Kurzvortrag als wesentliche Erfolgsfaktoren für ein gelingendes Berufsorientierungsprogramm.
Erstes Projekt: Namensschild
In Georgsmarienhütte findet zur Zeit die erste Generationen-Werkstatt mit Schülern des Gymnasiums Oesede in der Firma Pötter-Klima statt. Vier Jugendliche arbeiten in ihrer Freizeit unter Anleitung von Senior-Geschäftsführer Gerhard Pötter daran, ein großes Namensschild für ihre Schule herzustellen. Nach der Planung am PC faszinierte die Schüler vor allem das Auslasern des Schriftzugs und des Landkreis-Logos. Nach weiteren Arbeitsschritten soll das fertige Schild in Kürze am Gymnasium Oesede angebracht werden. Eine Generationen-Werkstatt würde auch ihm gefallen haben, meinte in einer kurzen Diskussionsrunde Abiturient und Tischler-Azubi Adrian Pöppelwerth. Die Schulelternratsvorsitzende des Gymnasiums Oesede, Bärbel Bosse, forderte ebenfalls „mehr Praxis an Gymnasien“. Zudem müssten die Eltern bei der Berufsorientierung eingebunden werden.
Berufspraktikum in Klasse 10
Die Generationen-Werkstatt sei ein schöner Baustein in einer Vielzahl von Förderwegen, befand der stellvertretende Oeseder Schulleiter Thomas Rohm. So gebe es schon seit vielen Jahren ein verbindliches Berufspraktikum in Klasse 10, Elternabende vor Bewerbungsterminen und außerschulische Kooperationen. Demnächst werde im Jahrgang 11 eine Wochenstunde für die Berufsorientierung reserviert. Die Handwerkskammer und die Kreishandwerkerschaften unterstützen die Generationen-Werkstatt, versicherte deren Hauptgeschäftsführer Sven Ruschhaupt. Mit der „Irrlehre“, dass nur ein Studium eine gute berufliche Perspektive biete, sei zum Glück Schluss. Dank guter Weiterbildungsmöglichkeiten verspreche eine berufliche Ausbildung gleichfalls guten Erfolg.
Mehr Abiturienten in Ausbildung
Zum Abschluss resümierte Kreisrat Matthias Selle, dass der steigende Anteil von Abiturienten in der dualen Ausbildung die Region stärke. „Wir leben vom Handwerk“, unterstrich Selle und forderte Schulen und Betriebe auf, die Generationen-Werkstatt zu buchen, da sie den Vorteil des außerschulischen Lernorts mitbringe.

Ein Artikel der NOZ Osnabrück von Petra Pieper             vom 21.09.2016

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